25.07.2010 [siehe auch Publikation MEINEKE (2012)]

Singzikaden Cicadetta cantilatrix und Cicadetta brevipennis in Thüringen und Hessen

Thomas Meineke
 

Lange Zeit galt die Bergzikade Cicadetta montana in Mitteleuropa als einzige hier vorkommende Art der Gattung. Eine Reihe bioakustischer Untersuchungen ergab im Verlauf der beiden letzten Jahrzehnte nach und nach, dass es sich um eine Gruppe aus morphologisch kaum zu trennende, in ihren Lautäußerungen hingegen deutlich verschiedene Spezies handelt (z. B. Gogala & Trilar 2004, Sueur & Puissant 2007, Hertach 2007). In der Folge kam es zur Überprüfung der Singzikadenvorkommen vor allem in Ländern des südlichen Europas und des Alpenraumes. Für die Schweiz konnte Hertach (2008) mindestens drei Vertreter aus dem Cicadetta montana-Komplex nachweisen. Dabei zeigte sich, dass die erst im Jahr 2007 von Sueur und Puissant beschriebene Cicadetta cantilatrix hier ähnlich weit verbreitet ist, wie die Bergzikade im engeren Sinne. In Deutschland bedarf der Status der Artenguppe dagegen noch einer vergleichbaren Revision. Das Vorkommen von Cicadetta cantilatrix ist hier seit der Veröffentlichung von Trilar & Holzinger (2004) bekannt. Die Art wird von den Autoren unter dem Namen Cicadetta cerdaniensis Puissant & Boulard, 2000 und ohne Angabe eines Fundortes für Deutschland genannt.

Stichprobenkontrollen in den Kalkmagerrasen des Dörnbergs bei Zierenberg (siehe Habitat-Foto) und des Jonastals bei Arnstadt ergaben zahlreiche singende Cicadetta cantilatrix-Männchen.

Die beiden folgenden Oszillogramme und Spektrogramme zeigen Ausschnitte aus dem Werbegesang jeweils eines Männchens: Oben 23 und darunter sechs Phrasen (Echemes). Der Schalter unterhalb der beiden Grafiken startet eine im Jonastal bei Arnstadt aufgenommene Klangdatei, die eine Sequenz aus 40 Phrasen umfasst.

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Eine Suche am Rande der Trockenrasen des südlichen Kyffhäusergebirges erbrachte ausschließlich Nachweise der Singzikade Cicadetta brevipennis (folgende Abbildung). Mit Betätigung des Schalters unterhalb des Diagramms startet eine bei Bad Frankenhausen aufgenommene Klangdatei, die eine Sequenz aus 19 Phrasen umfasst.

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Lautäußerungen der eigentlichen Bergzikade Cicadetta montana Scopoli 1772 sensu stricto wurden in keinem der drei genannten Gebiete bemerkt.
 

Zitierte Quellen

Gogala, M. & Trilar, T. (2004) Bioacoustic investigations and taxonomic considerations on the Cicadetta montana species complex (Homoptera: Cicadoidea: Tibicinae). - Anais da Academia de Ciencias 76: 316-324.

Hertach, T. (2007): Three species instead of only one: Distribution and ecology of the Cicadetta montana species complex (Hemiptera: Cicadoidea) in Switzerland. - Mitteilungen der Schweizerischen Entomologischen Gesellschaft 80: 37-61.

Hertach, T. (2008): Singzikaden (Cicadidae) in den Kantonen Aargau, Baselland, Basel-Stadt und Solothurn: Verbreitung und Schutzempfehlungen. Otelfingen, 27 S. u. Anhänge.

Sueur, J. & Puissant, S. (2007): Similar look but different song: a new Cicadetta species in the montana complex (Insecta, Hemiptera, Cicadidae). - Zootaxa 1442: 55-58.

Trilar, T. & Holzinger, W. E. (2004): Bioakustische Nachweise von drei Arten des Cicadetta montana-Komplexes aus Österreich (Insecta: Hemiptera: Cicadoidea). - Linzer biologische Beiträge 36/2: 1383-1386.

-> Weitergehende und aktualisierte Informationen finden sich in der Publikation von MEINEKE (2012) [pdf]. 

 

 

 

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